Juhu, ein Crash!
Wie Telematik die Kundenzufriedenheit steigern kann
17.05.2019
Im Schadenfall ist die Stimmung beim Geschädigten naturgemäß erst einmal im Keller. Es genügt ein beschädigter Scheinwerfer, ein Lackkratzer in der Tür oder ein abgebrochener Spiegel, um die Laune gründlich zu verhageln. Aus durchaus nachvollziehbaren Gründen: Nicht allein, dass wahrscheinlich Reparaturkosten auf ihn zukommen, er muss sich jetzt auch erstmal kümmern. Seine Versicherung informieren, die Werkstatt aufsuchen, einen Ersatzwagen organisieren, über den Reparaturumfang entscheiden, sich mit Gutachtern und der Versicherung auseinandersetzen – und wie lange das alles dauert!
Schwer vorstellbar, dass ein Geschädigter mit einem positiven Gefühl aus dieser Situation herausgeht. Und doch: Es ist möglich. Die wichtigsten Faktoren dabei sind: Geschwindigkeit und Transparenz. Für den Geschädigten steht eine schnelle Schadenabwicklung absolut im Fokus. Und so wäre es ihm sicher nur Recht, wenn jemand mit ihm nach dem Unfall
direkt Kontakt aufnähme, sagen wir: binnen Sekunden. Vom Schaden selbst erfahren die am Schadenprozess beteiligten Parteien quasi in Echtzeit durch die im Fahrzeug verbauten Telematik-Sensoren. Daraufhin wird über das Fahrzeugdisplay oder das Handy mit dem Geschädigten Kontakt aufgenommen. Beispielsweise so: „Hallo, Herr Mustermann, wir haben bemerkt, dass Ihr Auto in einen Unfall verwickelt war. Geht es Ihnen gut? Können wir Ihnen helfen?“ Erster Effekt: Der Geschädigte fühlt sich gut aufgehoben und ernst genommen.
Bestätigt er den Kontakt, werden die kompletten Schadendaten aus den Fahrzeugsensoren ausgelesen. Wenige Augenblicke später erfährt der Geschädigte nicht nur, welche Autoteile beschädigt sind, sondern auch, was eine Reparatur verbindlich kosten würde (siehe Seite 24-25). Daraufhin kann er sich entscheiden, ob er reparieren lassen oder fiktiv abrechnen möchte. Entscheidet er sich für die Reparatur und ist das Fahrzeug nicht mehr verkehrsfähig, macht sich ein Abschleppunternehmen, welches automatisch benachrichtigt wurde, auf den Weg, um ihn und das Auto abzuholen. Auch in der Werkstatt stellt man sich bereits auf den Unfallwagen ein, plant die Reparatur und hat bereits die Ersatzteile bestellt, um das Fahrzeug zügig wieder zur Verfügung stellen zu können.
Möchte der Geschädigte direkt vom Unfallort weiterfahren, bringt der Abschleppservice den Ersatzwagen einfach mit. Daniel Klima, Teamleiter Digital Claims Process und Automation bei Control€xpert: „Dass der Prozess schnell und selbstständig abläuft, ohne dass der Geschädigte überhaupt irgendein Telefonat führen muss, wird ihn schon gründlich milder stimmen. Nun stelle man sich zudem vor, der Geschädigte fährt einen Audi A4 und bekäme als Ersatzwagen einen neuen Audi RS 5 vor die Tür gestellt. Die Delle in seinem alten Wagen dürfte für einige Zeit vergessen sein. Und wer weiß, vielleicht bekommt er ja richtig Lust auf ein neues Modell…“ An diesem Gedankenspiel zeigt sich, welche Chancen
zur Kundenbindung und Incentivierung auch in einem Unfall stecken. „Wohlgemerkt reden wir hier nur über kleinere Schäden. Sobald eine oder mehrere Personen zu Schaden gekommen sind, ist alles andere erstmal unwichtig“, stellt Daniel Klima klar. Klima weiter: „Man muss es mal so sehen: Den intensivsten Kontakt zwischen Versicherer und dem Versicherten gibt es eigentlich nur im Schadenfall – und das ist natürlich ein Kontakt mit negativen Vorzeichen. Die Automatisierung von Teilbereichen der Schadenabwicklung versetzt Versicherer in die Position, die Bindung zum Versicherten zu festigen und emotional zu vertiefen, da mehr Zeit für den persönlichen Kontakt zum Geschädigten zur Verfügung steht. Schnelle, smarte Lösungen und das Angebot eventueller Mehrwerte schaffen zusätzlich eine positive Bindung.“
Möglich wird das alles aber erst durch per Telematik gewonnene Fahrzeugdaten. Um eine verbindliche Schadenkalkulation zu erstellen und alle Folgeprozesse anstoßen zu können, braucht es eine große Menge dieser Daten. Daten, mit denen wiederum die Algorithmen der Künstlichen Intelligenz gefüttert und trainiert werden können, um beispielsweise Schadenzonen selbstständig zu erkennen und daraus zu schließen, welche Teile sehr wahrscheinlich beschädigt sind. In Kombination mit dem Know-how eines Kfz-Experten ist so eine zuverlässige Schadenprognose möglich. „Aber die Daten sind das A und O“, so Klima. „Wir führen bei Control€xpert seit einiger Zeit verschiedene Experimente durch, um verwertbare Fahrzeugdaten zu gewinnen. Übrigens auch für den Bereich automatische Bilderkennung.“ (siehe Seite 06-07) Darüber hinaus befinden wir uns mit einigen Fahrzeugherstellern in der Proof of Concept-Phase. Bei Control€xpert arbeitet man letztlich auch an der Grundlage dafür, dass ein negatives Erlebnis wie ein Unfall nicht nur schnell vergessen wird, sondern sogar einen positiven Effekt haben kann.